Mit Jugendlichen zu Themen wie Gewalt und Missbrauch zu arbeiten, kann sehr herausfordernd sein. Wenn Themen so schwer und belastend sind, möchte man sie manchmal lieber ausblenden. Das ist ganz normal und niemand muss sich die ganze Zeit mit diesen Themen beschäftigen. Du musst auch kein*e Expert*in sein, um mit Jugendlichen über Cybergewalt zu sprechen. Wie so oft in der Prävention geht es eher darum, Vertrauen aufzubauen und Raum für Themen zu schaffen, die manchen vielleicht peinlich sind oder wo es bspw. um Sexualität geht. Wenn du den Jugendlichen, mit denen du regelmäßig arbeitest, zeigst, dass du für diese Themen ansprechbar bist und ihnen vermittelst, dass du sie nicht verurteilst, wenn sie dir Dinge erzählen, hast du eigentlich schon gewonnen.
Im Folgenden möchten wir dir Methoden vorstellen, mit denen du einen Rahmen zum Reden mit Jugendlichen schaffen kannst. Es geht um das gemeinsame Lernen und sich schlau machen, um Erfahrungsaustausch und den Abbau von Schamgefühlen. Denn von Cybergewalt kann jede*r betroffen sein! Ihr könnt euer eigenes Medienverhalten reflektieren und überlegen, wo ihr unterwegs seid und ob es Möglichkeiten gibt, euch zu schützen und andere im Fall des Falles zu unterstützen.
Mit Erfahrungen von Cybergewalt muss auch niemand allein bleiben. Auch wenn es vielleicht keinen akuten Bedarf gibt, lohnt sich das gemeinsame Suchen und Anschauen von Beratungsstellen. Das baut erste Hemmschwellen ab und schafft Vertrauen in Unterstützungsnetzwerke.
Male auf einen großen Bogen Papier ein Smartphone. Lass nun die Mitglieder deiner Gruppe alle Messenger-Dienste und Plattformen sammeln, auf denen sie unterwegs sind. Am besten malt ihr das jeweilige Icon auf ein Post-It und klebt dieses auf euer Papier-Smartphone.
Jede*r Teilnehmer*in kann nun für jede App, die er*sie nutzt, einen Punkt in rot, gelb oder grün vergeben.
Anschließend schaut ihr euch das Smartphone gemeinsam an. Frage nach, warum eine bestimmte App bspw. viele grüne Punkte hat: Was mögen die Teilnehmenden an der App? Frage auch bei mit vielen gelben und roten Punkten markierten Apps nach: Was passiert auf diesen Plattformen? Gibt es Probleme, wiederkehrende Erlebnisse?
Tipp: Gehe auf jeden Fall auf grüne Punkte genauso ein wie auf gelbe und rote – die positiven Seiten von sozialen Medien anzuerkennen, ist wichtig – sie sind ohnehin nicht mehr wegzudenken J
Schaut euch gemeinsam die 10 Gebote der Digitalen Ethik an.
Stimmt ihr mit allen Punkten überein? Fehlt euch etwas?
Ihr könnt die einzelnen Gebote auch problematisieren: Wie soll man bspw. Gebot 2 einhalten? Daten werden im Internet immer gesammelt, und das nicht zu akzeptieren, heißt in der Regel, bestimmte Services nicht mehr zu nutzen oder ein eingeschränktes Service zu haben (bspw. Cookie-Einstellungen). Geht das überhaupt heutzutage, auf nichts verzichten und trotzdem keine Daten sammeln zu lassen?
Die Vorlage für die 10 Gebote findest du hier: https://www.hdm-stuttgart.de/digitale-ethik/lehre/10_gebote
Hier geht es darum mit Jugendlichen zu überlegen, wer eigentlich was darf. Die Wahrnehmung der Jugendlichen sowie ihre Fähigkeit, sich abzugrenzen, wenn jemand ihre Grenzen überschreitet, soll gestärkt werden.
In der Broschüre „Ganz schön intim“ von der Fachstelle Selbstlaut findest du auf S. 29 eine Kopiervorlage. Diese kannst anpassen an Fragen der Cybergewalt:
Wer darf…
… mich auf Whatsapp/Instagram/… anschreiben?
… mir auf meinen Kanälen folgen?
… meine Fotos/Videos/Postings like/kommentieren?
… mir Nacktbilder schicken?
… mir Sex-Clips schicken?
… mir sexuelle Smileys schicken?
… mich nach Nacktbilder fragen?
Natürlich kannst du dir noch mehr Fragen überlegen!
Gerade wenn deine Jugendlichen jung sind, kann es sein, dass sie an manche der beschriebenen Szenarien gar nicht denken. So kannst du sie für die Gefahren des Internets sensibilisieren.
Lasse nun jede*n Teilnehmer*in für sich überlegen, wie sie Fragen beantworten. Sie sollen für jede Situation überlegen, ob ihre Antworten für Gleichaltrige und Erwachsene gleich lauten.
Besprecht gemeinsam ein paar Situationen. Niemand muss seine*ihre Antworten teilen.
Beim Thema Sex-Clips/Pornografie solltest du klarstellen, dass der Besitz und das Anschauen dieses Materials unter 18 Jahren verboten ist.
Wichtig ist, dass die Botschaft hängen bleibt: Übergriffe und Grenzverletzung sind auch im Netz nicht ok. Man darf diese widersprechen, andere blockieren und melden und sich Unterstützung suchen!
Die Broschüre „Ganz schön intim“ findest du hier: https://selbstlaut.org/wp-content/uploads/Selbstlaut_Broschuere_Ganz_schoen_intim_korr20200301.pdf
Wer kennt das nicht: Eigentlich wollte man nur kurz schauen, was es Neues gibt, und plötzlich sind 20 Minuten vorbei! Nicht nur, dass man auf Social Media schnell die Zeit vergisst, manchmal gerät man in einen regelrechten Strudel, und Video auf Video zeigt mehr schlechte Neuigkeiten. Das nennt man Doomscrolling.
Aber auch ohne schlechte Nachrichten aus dem Tagesgeschehen kann Social Media ziemlich anstrengend sein: Ständig das (vermeintlich) perfekte Leben, den perfekten Körper, die perfekte Beziehung von anderen, insbesondere Influencer*innen, zu sehen, kann sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirken.
Deshalb wollen wir jetzt Profile und Seiten sammeln, die GUTTUN und die keinen Scroll-Frust befördern!
Lass die Jugendlichen allein oder zu zweit ihre Lieblingsseiten und -accounts auf Post-Its sammeln.
Anschließend stellen sie sich ihre Social-Media-Lieblinge gegenseitig vor. Die Post-Its könnt ihr auf einem großen Plakat sammeln. Am besten kategorisiert ihr sie und macht ein Foto, das ihr in eurer Gruppe teilt.
Mithilfe der Kategorien findet man schnell positive Inhalte, wenn man sie mal wieder dringend braucht.
Cybergewalt kann jederzeit ein Thema werden – und es ist gar nicht so einfach, sofort zu wissen, wie man auf welche Form am besten reagiert. Deshalb ist das Ziel dieser Übung, ein paar Situationen durchzusprechen, und gemeinsam zu überlegen, was getan und wo Unterstützung gefunden werden kann.
Je mehr Menschen Bescheid wissen, desto besser! Vielleicht wollt ihr auch am Ende ein TikTok mit Tipps machen oder ein Posting für euren Instagram-Kanal?
Hier sind ein paar Beispiel-Situationen. Du kannst dir natürlich noch ganz viele weitere ausdenken!
Überlegt in Kleingruppen für jede Situation, was man tun könnte.
Besprecht eure Strategien gemeinsam. Stelle deiner Gruppe Anlaufstellen vor, die sie vielleicht noch nicht kennen.